Arbeitsschutz

Wartungssicherung mit dem Lockout Tagout System

Schieben Sie Risiken einen Riegel vor: Unfälle verhindern und sicher arbeiten mit dem LoTo Verfahren

6 Minuten14.10.2022

Tragischer Unfall am Arbeitsplatz: Eine Elektrofachkraft hat die Aufgabe, den Schaltkreis einer Produktionsanlage zu überprüfen. Dafür schaltet Sie zunächst alles aus und macht sich auf den Weg in das Innere der Anlage. Während dieser Prüfarbeit erscheint eine andere Person an der Produktionsanlage. Sie weiß nichts von den Wartungsarbeiten und schaltet die Anlage wieder ein. Elektrischer Strom fließt durch die Leitungen und die Elektrofachkraft im Inneren der Anlage erleidet einen elektrischen Schlag. Ein Unfall, den man hätte verhindern können: Mit dem Lockout Tagout System.

Laut der DGUV ist dieses Beispiel kein Einzelfall: In Deutschland ereignet sich mehr als jeder fünfte tödliche Arbeitsunfall im Zuge von Instandhaltungsarbeiten. 44 Prozent dieser Ereignisse gehen auf Quetschungen an laufenden Maschinen zurück. Doch es gibt viele weitere Gefahrenquellen, die zu Unfällen unterschiedlicher Schwere führen können. Angefangen bei elektrischem Strom über hydraulische Energie und Dampf bis hin zu elektromagnetischer Strahlung und Gefahrstoffen. Als Führungskraft oder Fachkraft für Arbeitssicherheit sollten Sie daher die Wartungssicherung ganz oben auf Ihrer Agenda haben - insbesondere bei der Zusammenarbeit mit Fremdfirmen. Wie Sie dabei mithilfe einfacher Lockout Tagout Systeme vorgehen, erfahren Sie in diesem Artikel.

Lockout Tagout: Was steckt dahinter?

Der Begriff Lockout steht für „verriegeln“ und das Wort Tagout für „markieren“. Im Rahmen des LoTo Verfahrens wird eine Anlage oder Maschine ausgeschaltet, gesperrt und entsprechend gekennzeichnet. So verhindert die Wartungssicherung ein versehentliches oder unerwünschtes Wiedereinschalten – insbesondere bei der Zusammenarbeit mit Fremdfirmen.

Zuerst: der Lockout

Das Grundprinzip des Lockout Tagout Verfahrens ist denkbar einfach: Die Fachkraft, die die Wartungsarbeiten durchführen soll, schaltet zunächst die jeweilige Anlage oder Maschine aus. Dann erfolgt der Lockout. Oder genauer: Die Fachkraft verriegelt den Einschaltmechanismus der Anlage oder Maschine mit einem LoTo Schloss. So stellt sie sicher, dass kein versehentliches Wiedereinschalten möglich ist.

Dann: der Tagout

Als Nächstes ist der Tagout an der Reihe. Dabei markiert die Fachkraft das Schloss mit einer LoTo Plakette, die alle notwendigen Informationen zu der Sperrung liefert:

  • Aus welchen Gründen wurde die Maschine oder Anlage verriegelt?
  • Wann erfolgte die Abschaltung?
  • Wie lange ist die Verriegelung nötig?
  • Welche Arbeiten erfolgen an der Anlage oder Maschine?
  • Wer verantwortet die Verriegelung?

Lockout Tagout Tryout: das LoToTo System

Das Verriegeln und das Markieren sind nur ein Teil des Lockout Tagout Verfahrens. Der Tryout darf ebenfalls nicht fehlen. Damit ist die Überprüfung der Sperre gemeint:

  • Ist die vorgenommene LoTo Sicherung wirksam?
  • Ist das Lockout Tagout Schloss ordentlich verriegelt?
  • Und lässt sich die Anlage oder Maschine ganz sicher nicht wieder einschalten?

Der Tryout ist entscheidend

Wenn man es genau nimmt, lautet die korrekte Abkürzung des Systems: LoToTo. Der Tryout ist zwingend notwendig, damit die Fachkraft wirklich geschützt ihrer Arbeit nachgehen kann. Nachfolgende Mitarbeitende haben während der Sperre keine Möglichkeit, die Anlage oder Maschine versehentlich zu aktivieren und infolgedessen gefährdende Energien freizusetzen. Zudem erhalten sie umfassende Informationen zu den Gründen und der Dauer der Sperrung. Auf diese Weise können sie ihre Zeit besser einplanen. Neben der Sicherheit erhöht das System Lockout, Tagout, Tryout auch die Effizienz und Produktivität im Betrieb.

Mehrere Sperrungen

Doch wie geht man vor, wenn mehrere Personen an der Anlage oder Maschine tätig sind? Dies ist keine Seltenheit. Um bei unserem obigen Beispiel zu bleiben: Nachdem die erste Fachkraft mit ihren Aufgaben im Inneren begonnen hat, erscheint eine weitere Person, die ebenfalls etwas an der abgeschalteten Anlage erledigen muss.

Auch ihre Sicherheit hängt davon ab, dass die Anlage ausgeschaltet bleibt. Daher erweitert sie das bereits vorhandene LoTo Schloss durch eine zusätzliche Lockout Verriegelung und Tagout Markierung. Wenn die erste Fachkraft zurückkehrt, um ihre eigene Lockout Tagout Vorrichtung zu beseitigen, erkennt sie an dem zweiten LoTo Schloss, dass aktuell noch jemand anderes an der ausgeschalteten Anlage arbeitet. So weiß sie sofort: Ein Einschalten ist weiterhin nicht gestattet.

Das LoTo System lässt sich also beliebig erweitern und bietet selbst bei komplexen Arbeiten hohe Sicherheit – unabhängig davon, wie viele Personen beteiligt sind.

Das LoTo Schloss

Ein herkömmliches Schloss aus dem Baumarkt ist in der Regel nicht für die Wartungssicherung geeignet. Denn: Die LoTo Verriegelung muss den besonderen Rahmenbedingungen ihres Einsatzbereichs entsprechen. In sterilen Räumen kommen z. B. andere Schlösser zum Einsatz als in der Schmelzindustrie. Die Schlösser unterscheiden sich in ihrer Materialität und Beschaffenheit und sind an die jeweiligen Bedingungen vor Ort angepasst. Es gilt, die Anforderungen individuell zu betrachten und spezifische Lockout Vorrichtungen auszuwählen. Denn genau das ist der Schlüssel zu mehr Sicherheit.

Tipps und Tricks zum LoTo Schloss

  • Schlüssel steckt

    Der Schlüssel eines Loto Schlosses sollte sich nicht herausziehen lassen, wenn das Schloss geöffnet ist. Diese Vorsichtsmaßnahme unterstützt den Tryout Vorgang und verhindert eine unwirksame Verriegelung.

  • Notfallschlüssel

    Wichtig ist zudem, dass sich ein Lockout Tagout Schloss im Notfall zügig öffnen lassen muss. Hierfür kommt ein Generalschlüssel zum Einsatz, der für schnelle Abhilfe sorgt – unabhängig vom eigentlichen Schlüssel.

  • Farbliche Codierungen

    LoTo Schlösser in unterschiedlichen Farben können die Sicherheit noch weiter erhöhen und die Arbeitsprozesse vereinfachen. Fabliche Codierungen können eingesetzt werden, um auf einen Blick ersichtlich zu machen, wer gerade an der Anlage arbeitet. Externe Mitarbeitende könnten zum Beispiel blaue Schlösser zugewiesen bekommen, während die eigenen Fachkräfte mit grünen Schlössern arbeiten. Oder aber man weist die Farben bestimmten Maschinen zu.

    Auch wenn die Farbcodes Informationen der Tagout-Plakette enthalten, bedeutet dies nicht, dass der Tagout entfallen kann. Eine Kennzeichnung via Tagout Plakette ist unverzichtbar und darf unter keinen Umständen fehlen.

Die LoTo Board Station

Alles griffbereit? Mit der Lockout Tagout Board Station lautet die Antwort: „Ja“. Sie enthält alles, was das Lockout Tagout System ausmacht. LoTo Schlösser, LoTo Plaketten und gegebenenfalls weitere Hilfsmittel wie Ventile oder Schalter. Die LoTo Board Station ist eine Wandtafel (Board), an der die benötigten Utensilien an Haken angebracht sind. Ebenso sind Lockout Tagout Stationen als Koffer oder Hängeschränkchen erhältlich. Entscheidend für die Auswahl ist: Die LoTo Station sollte gut sichtbar und einfach für die Mitarbeitenden zu erreichen sein.

Vor der Einrichtung der Station sollten Führungskräfte und Sicherheitsbeauftragte klären, wie der Lockout Tagout Prozess organisiert ist. Neben den Verantwortlichkeiten sind auch die genauen Abläufe und farblichen Zuordnungen zu definieren. Auf Basis dieser Bestimmungen wählen sie dann die geeignete LoTo Station aus und passen sie bei Bedarf entsprechend an.

Lockout Tagout Checkliste

Haben Sie wirklich alles bedacht? Orientieren Sie sich an unserer Checkliste und stellen Sie sicher, dass Ihr Lockout Tagout System umfassend ist und Sie keine sicherheitsrelevanten Aspekte übersehen haben.

Maschinen und Anlagen prüfen

  • Welche Anlagen und Maschinen sind im Betrieb vorhanden?

  • Sind Anlagen und Maschinen mit gefährdenden Energiequellen vorhanden?

  • Welche Gefährdungen können von der Anlage oder Maschine ausgehen?

    • Elektrizität

    • Mechanische Kräfte

    • Pneumatische Energie

    • Dampf

    • Luft

    • Hitze

    • Kälte

    • Chemikalien

    • Strahlung
       

  • Existieren entsprechende Gefährdungsbeurteilungen?

  • Existieren Betriebsanleitungen, die sich aus den Gefährdungsbeurteilungen ableiten?

  • Sind die Anlagen und Maschinen für das Lockout Tagout System geeignet?

  • Welche Abschaltpunkte an der Anlage oder Maschine eignen sich für das LoTo System?

  • Gibt es spezifische Rahmenbedingungen, die bei bestimmten Maschinen zu beachten sind?


LoTo Standard festlegen

  • Haben die Verantwortlichen einen standardisierten LoTo Ablauf definiert?

  • Wie sind die Verantwortlichkeiten bei dem standardisierten LoTo Ablauf?

  • Existiert ein definierter Ablauf zur Ausstellung von LoTo Erlaubnisscheinen?

  • Existiert ein definierter Ablauf für LoTo Unterweisungen?

  • Hat das Unternehmen die Verantwortlichen entsprechend geschult?

  • Haben die Verantwortlichen den LoTo Standard schriftlich festgehalten?

  • Haben die Verantwortlichen bestimmte LoTo Farbcodes definiert?

  • Ist der Loto Standard allen Mitarbeitenden bekannt?


Zentrale Details bedenken

  • Wie gestaltet sich die Umsetzung des LoTo Systems in Zusammenarbeit mit Fremdfirmen?

  • Wie gestaltet sich eine unabhängige Öffnung der LoTo Schlösser im Notfall?

  • Wie gestaltet sich das Lockout Tagout Verfahren im Schichtwechsel?

  • Was passiert beim Verlust eines LoTo Schlüssels?

  • Passt die Lockout Tagout Station zu den vorhandenen Rahmenbedingungen?

  • Erfüllt das Lockout Tagout Equipment alle technischen Voraussetzungen?

Fazit: Wartungsarbeiten nur mit LoTo

Tragische Unfälle bei Wartungsarbeiten können und müssen vermieden werden. Mit dem Lockout Tagout System schieben Sie Risiken einen Riegel vor – im wahrsten Sinne des Wortes. Es sorgt für einen deutlich erhöhten Schutz bei Wartungsarbeiten, senkt messbar die Unfallzahlen und setzt zudem auch ein starkes Zeichen. Denn: Gut sichtbar platziert, verdeutlicht eine Lockout Tagout Station bereits von Weitem, dass Ihr Unternehmen seine Verantwortung für die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten sehr ernst nimmt.

X