Arbeitsschutz

Kopf schlägt Zahl. So setzt sich Sicherheit am Arbeitsplatz durch

Erfolg durch Arbeitssicherheit als persönliche Angelegenheit

7 Minuten19.02.2020

von Andrew Sharman

Als ich neulich zum Flughafen fuhr, befand ich mich plötzlich am Ende eines Meers aus roten Rückleuchten. Stau. Auch auf der gegenüberliegenden Fahrbahn kam der Verkehr ins Stocken. Wenige Minuten später sah ich ihn am Straßenrand liegen. Umgeben von einer kleinen Menschengruppe versuchte ein Mann ihn wiederzubeleben. Ich sollte später am Abend in den Lokalnachrichten erfahren, dass er der dritte Todesfall auf dieser Straße innerhalb von sechs Monaten war. Der Sender wies daraufhin, dass die Zahl der Verkehrstoten hier um 30% höher als auf anderen Straßen der Gegend sei.  

Obwohl der Tote sowie die zertrümmerten Fahrzeuge an den Fahrbandrand gebracht worden waren, blieb der Verkehr zähflüssig. Es gab keinen physischen Grund, der gegen die übliche Geschwindigkeit auf dieser Straße sprach. Doch etwas Psychologisches schien die Fahrer vor mir daran an einer Beschleunigung zu hindern. War es Respekt vor dem Verstorbenen? Eine gruselige Faszination für das Makabre? Wohl kaum. 

 

Bis 2009 war es in den USA verboten, im Internet Fotos von Soldatensärgen zu veröffentlichen. 18 Jahre lang hatte das Verteidigungsministerium diese Regelung aufrechterhalten, um die wahren Ausmaße des Kriegs zu verbergen. Und das, obwohl die Bilanz der Kriegstoten seit jeher öffentlich zugänglich ist. Aber Statistiken sind für den Großteil der Bevölkerung eben nur eins: Zahlen. Menschen am Straßenrand oder in Kriegssärgen, nun, das fühlt sich echt an und spricht unsere Emotionen an.

Zahlen bewegen uns nicht!

Bevor Sie beginnen, Fotos von abgetrennten Gliedmaßen, zertrümmerten Schädeln und blutigen Körperteilen am Arbeitsplatz aufzuhängen, lassen sie uns lieber noch einen Schritt weiterdenken. Ein guter Ansatzpunkt hierfür sind die Untersuchungen Paul Slovic’s, der herausfinden wollte, was Menschen dazu bringt, für wohltätige Zwecke zu spenden. Seiner ersten Gruppe von Studienteilnehmern erzählte Slovic, dass drei Millionen unterernährte Kinder in Malawi sterben würden, wenn sie keine Hilfe bekämen. Als er sie bat zu spenden, kamen 30 % der Gruppe dieser Bitte nach. Die durchschnittliche Spendenhöhe lag bei 1,40 $. Bei der zweiten Gruppe ging Slovic anders vor: Er präsentierte auf seinem Bildschirm ein Foto und erklärte, dass dies Rokai sei, ein dreijähriger Junge aus Malawi. Rokais Gesicht war eingefallen, der Körper abgemagert und seine Augen flehten um Hilfe. Dieses Mal spendeten 90% der Studienteilnehmer und die durchschnittliche Spende war mehr als doppelt so hoch wie die der ersten Gruppe.  

Slovic bewies damit, was auch die langsamen Autofahrer auf meinem Weg zum Flughafen gezeigt hatten: Statistiken bewegen uns nicht, Menschen schon.  

Die globalen Medien verstehen diese Regel gut, denn sie untermauern jede Schlagzeile mit einem Gesicht: das eines jubelnden Wahlkämpfers, eines beschämten Politikers, eines angeschlagenen Geschäftsführers, oder den Überlebenden eines Flugzeugabsturzes. Unser inhärentes Bedürfnis, Menschen zu sehen, reicht über Autobahnen und Schlagzeilen hinaus. Es bringt uns dazu, auf der Couch zu kleben und eine Serie nach der anderen zu schauen. Würde eine akademische Arbeit über die effektivsten Taktiken hochbezahlter Rechtsanwälte oder die familiären Hintergründe alter Clan-Konflikte die globalen Massen genauso in den Bann ziehen, wie Game of Thrones oder Suits? Ich denke nicht. 

Clevere Strategien für Sicherheit am Arbeitsplatz

Wenden wir dies nun auf die Sicherheit am Arbeitsplatz an. Wenn Sie ihrem Unternehmen Ihren Monatsbericht vorlegen, was ist darin zu sehen? Statistiken oder Gesichter? Geht es beim Thema Arbeitssicherheit um Zahlen oder um Menschen?

In Zusammenarbeit mit einem Großkunden haben wir vor kurzem eine Kampagne mit dem Titel "My Safety" entwickelt. Dabei wurden rund um den Arbeitsplatz lebensgroße Bilder von Mitarbeitern aufgehängt, die erklären, warum Sicherheit für sie so wichtig ist. Die Initiative wurde durch eine Reihe kurzer persönlicher Videobotschaften von Mitarbeitern und Führungskräften an ihre Kollegen unterstützt. Jeder erzählte seine persönliche Geschichte. Die Wirkung?  Sehr schnell füllte sich der gesamte Arbeitsplatz mit Positivität und einem wiedererwachten Fokus auf richtig umgesetzte Arbeitssicherheit. Und je mehr die Köpfe dachten, die Herzen fühlten und die Hände einbezogen wurden, desto mehr zeigten die Zahlen, wie ein persönlicher Ansatz die Sicherheit am Arbeitsplatz positiv beeinflusst.

 

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